Johanna I. von Anjou

Johanna von Anjou, Königin von Neapel und Gräfin der Provence, war eine Enkelin König Roberts von Neapel. Sie übernahm 1343 im Alter von 17 Jahren das Erbe ihres Großvaters und wurde aus politischen Gründen mit ihrem Cousin, Andreas von Ungarn, vermählt. Nach seiner Ermordung, in die Johanna eingeweiht war, floh sie mit ihrem neuen Gemahl vor der Rache des ungarischen Königs in ihre Grafschaft Provence. Nachdem sie sich vor Papst Clemens VI. vom Verdacht des Gattenmordes befreien und ihm anschließend die Stadt Avignon um 80 000 Goldgulden verkaufen konnte (Juni 1348), kehrte sie wieder als Regentin nach Neapel zurück. Johanna war insgesamt viermal verheiratet. Sie war ausschweifend, gewalttätig und launenhaft und ihr Hof in Neapel galt als luxuriös und anrüchig. Die hl. Birgitta von Schweden, die mehrmals in Neapel war und sich um die Bekehrung der Königin bemüht hatte, musste auch erleben, wie ihr Sohn Karl in eine Liebesaffäre mit Johanna verwickelt wurde und kurz darauf eines plötzlichen Todes starb.
Johanna hatte stets zu den Päpsten gehalten. Sie unterstützte Gregors Kampf gegen Florenz und ebenso seine Rückkehr von Avignon nach Rom. Auch begrüßte sie zunächst die Wahl Urbans VI. (entstammte er doch ihrem Königreich Neapel), aber gegen Ende August 1378 begann sie zu wanken (entweder beleidigt auf Grund der Behandlung ihres Gatten Otto von Braunschweig durch Urban VI. oder ihres Kanzlers Niccolò Spinelli, mit dem der Papst in Streit geraten war, oder tatsächlich beeinflusst von der Erklärung der abgefallenen Kardinäle) und neigte sich schließlich endgültig auf die Seite des Gegenpapstes Clemens VII.
Caterina hatte die Königin geschätzt und ihr schon mehrmals geschrieben. Jetzt aber muss sie ihr die Gefährlichkeit ihres Weges vor Augen stellen: die Abkehr von der Kirche und damit die Gefahr für das Heil ihrer Seele und all derer, für die sie verantwortlich ist. Nachdem ihr Caterina bereits mehrmals von Rom aus geschrieben hatte, versuchte sie es im August 1379 noch ein letztes Mal, aber vergebens. Und so wurde Johanna 1380 von Urban VI. exkommuniziert, was zugleich den Verlust ihres Herrschaftsanspruchs bedeutete, da das Königreich Neapel ein päpstliches Lehen war.
Urban VI. hatte längst mit dem König von Ungarn Kontakt aufgenommen. Schließlich aber sollte Ludwigs Heerführer und Neffe, Karl von Durazzo mit der Übernahme von Neapel beauftragt werden. Ein Jahr nach Caterinas Tod eroberte Karl von Durazzo, dem der Papst die Krone Neapels angeboten hatte, das Königreich und setzte Johanna im Castello d’Ovo gefangen. Danach ließ er sie in Muro Lucano erdrosseln.
An Johanna I. von Anjou, Königin von Neapel
Die 7 Briefe im Überblick
1. Kommt der Kirche zu Hilfe!
Brief 138 (Ende Juni 1375). Johanna unterstützt zu dieser Zeit noch sehr zuverlässig Papst Gregor XI. gegen Bernabò Visconti von Mailand und seine sich ausbreitende antipäpstliche Liga. Caterina scheint hier ihr erstes Gesuch an die Königin von Neapel zu richten mit der Bitte, für das Kreuzzugsprojekt materielle Unterstützung zu gewähren.
2. Helft mit beim Kreuzzug!
Brief 133 (1.–7. Juli 1375). Am 1. Juli 1375 hatte Papst Gregor XI. seine Kreuzzugsbulle promulgiert. Unmittelbar danach entstand dieser Brief an die Königin. Caterina ist bemüht sowohl um Johannas persönliche Bekehrung als auch um ihre Bereitschaft, Gregors Kreuzzugspläne zu unterstützen.
3. Ich danke für Euren Brief.
Brief 143 (4. August 1375). Der Brief ist eine Antwort an die Königin, die sich grundsätzlich bereit erklärt hatte, den Papst zu unterstützen. Caterina fordert sie erneut dazu auf und appelliert sogar an ihre Bereitschaft, das eigene Leben dafür einzusetzen und sich als Anführerin an die Spitze des Zuges zu stellen.
4. Unterstützt nicht den Gegenpapst!
Brief 312 (7. Oktober 1378). Der Brief, von Siena aus diktiert, ist im Grunde ein indirekter Brief an die von Urban VI. abgefallenen Kardinäle, die zwei Wochen zuvor (am 20. September) Clemens VII. zum Gegenpapst gewählt hatten. Da der Ort der Wahl, Fondi, zum Königreich Neapel gehörte, fand der Vorgang wohl mit Wissen der Königin statt. Caterina stellt ihr die Folgen eines Schismas vor Augen. Der Brief ist ausdrücklich datiert.
5. Verlasst den Weg der Lüge!
Brief 317 (Anfang Dezember 1378). Johanna hatte sich gegen Ende August in aller Form von Urban VI. abgewandt, eine Tatsache, von der Caterina offenbar noch nichts wusste als sie der Königin am 7. Oktober geschrieben hatte. Nachdem der unmittelbar nach ihrer Ankunft in Rom gefasste Plan, sie zusammen mit der hl. Katharina von Schweden zu Johanna nach Neapel zu senden, von Papst Urban VI. aus Gründen der Sicherheit wieder zurückgenommen wurde, verfasste Caterina den vorliegenden Brief. In ihm machte sie ihrem Ärger Luft über die Untreue der Königin, wobei sie ihr die Wahrheit „lieber mündlich gesagt hätte“ als schriftlich hier in diesem Brief.
6. Ich würde mein Leben für Euch geben.
Brief 348 (6. Mai 1379). Der Brief entstand – dem Datum im Manuskript entsprechend – kurz nach dem Sieg bei Marino. Auch wenn Caterina dieses Ereignis mit keinem Wort im Brief erwähnt, gibt es keinen Grund, das Datum anzuzweifeln (Fawtier, Strobl). Caterina bedauert scheinbar noch die Tatsache, dass sie nicht nach Neapel reisen und die Königin persönlich treffen konnte. Eine Haltung, die nun, nach dem Sieg für Urban, noch verständlicher erscheint.
7. Denkt daran, dass Ihr sterben müsst!
Brief 362 (Anfang August 1379). Johanna hatte im Mai 1379 ihre Loyalität gegenüber Urban VI. beteuert, war aber nach einigen Wochen der Verhandlungen mit ihm erneut ins Lager des Gegenpapstes übergegangen. Kurz nach dieser Kehrtwendung schrieb ihr Caterina diesen Brief. Damit er auch sicher in die Hände der Königin gelangt, schickte sie ihren Schüler und Sekretär Neri di Landoccio Pagliaresi zusammen mit dem Abt Lisolo an den Hof nach Neapel.