Ristoro Canigiani

Ristoro, der älteste Sohn von Piero Canigiani, war von Beruf Jurist und gehörte wie sein Vater zu den führenden Guelfen von Florenz. Er war eine Persönlichkeit, die am politischen Leben der Stadt aktiv teilnahm. Im August 1376 wurde er im Auftrag der Republik zusammen mit Benedetto Strozzi zur Königin Johanna nach Neapel gesandt, um ein nochmaliges Überdenken ihrer Entscheidung – aufgrund des über Florenz verhängten Interdikts alle Florentiner aus dem Königreich auszuweisen – zu erwirken, was aber keinen Erfolg brachte. Ristoro war darüber hinaus aber auch ein Mann von reichem Geist und großer Begabung: In Bologna, wohin er sich während der Pest des Jahres 1363 geflüchtet hatte, verfasste er das religiös-moralische Lehrgedicht „Il Ristorato“ in 44 Gesängen, das zahlreiche Dante Reminiszenzen aufweist. Sein jüngerer Bruder Barduccio, jungfräulich und ganz dem geistlichen Leben zugetan, schloss sich Caterinas Familie an und diente ihr bis zu ihrem Lebensende als Sekretär und treuer Begleiter. Ristoro dagegen war mit Alessandra Quaratesi verheiratet und Vater mehrerer Kinder. Beim Aufstand der Ciompi am 22. Juni 1378 hatte auch er erhebliche Verluste erlitten, sein Haus wurde geplündert und angezündet. Zusammen mit anderen wurde er daraufhin von den Aufständischen zum „Magnaten“ und somit zum Feind der Armen erklärt. Manche Andeutungen Caterinas lassen darauf schließen, dass ihm ein ähnlich tragisches Schicksal widerfuhr wie seinem Vater Piero. Ristoro starb jedenfalls in Lucca im Dezember 1380.
Als Caterina nach den Unruhen in Florenz die Stadt verlassen hatte, schrieb ihr Ristoro, dass er denen vergebe, die ihn geschädigt hätten, und dass er das Verlangen habe, den Rest seines Lebens mehr und mehr Gott zu weihen. Seine Frage war, wie dies mit seinem weltlichen Beruf, mit seinem politischen Einsatz und seiner Familie in Einklang gebracht werden könne. Caterinas fünf Briefe an Ristoro bilden ein Ganzes; sie enthalten in Beantwortung seiner Fragen eine Reihe von Anleitungen für die Heiligung von Personen, die in der Welt leben und sind in ihrer Art unübertroffen: Ristoro möge das tun, was sein Stand zulässt. Caterina rät ihm ein allmähliches Höhersteigen, langsam, mit Geduld und vor allem mit Klugheit und Maß.
Die 5 Briefe im Überblick
1. Gott bereitet Euch ein ewiges Haus
Brief 299 (Anfang Juli 1378). Der Brief nimmt Bezug auf die Ereignisse vom 22. Juni, auf den Verlust seiner Güter. Ein Trostbrief.
2. Anleitungen für einen Neubeginn
Brief 258 (August 1378). Kurz nach ihrer Rückkehr in ihre Heimatstadt Siena bekommt Caterina einen Brief von Ristoro, in dem er ihr mitteilt, dass er sich nun bemüht, sein Leben neu zu ordnen. Caterinas Antwort ist eine Ermutigung und Hilfestellung dazu.
3. Der rechte Kommunionempfang
Brief 266 (September 1378). Ristoro hatte offenbar in einem weiteren Brief auf seine Unwürdigkeit bezüglich des Kommunionempfanges verwiesen. Im vorliegenden Antwortschreiben erklärt ihm nun Caterina ausführlich, warum er sich nicht von diesem Gefühl beirren lassen soll.
4. Schenkt Gott die Blüte Eurer Jugend!
Brief 279 (Anfang Oktober 1378). Caterina rät in diesem Brief Ristoro und seiner Gemahlin Alessandra Quaratesi, in ihrer Ehe die sexuellen Enthaltsamkeit zu leben.
5. Vier Punkte gilt es zu betrachten
Brief 301 (Anfang November 1378). Wie aus dem Brief hervorgeht, bemüht sich Ristoro tatsächlich, in seiner Ehe im Einverständnis mit seiner Gemahlin enthaltsam zu leben. Caterina wünscht, sie mögen ein „engelgleiches Paar“ werden, und gibt ihnen weitere Ratschläge für ein konsequentes christliches Leben.
Der Brief hat gewisse Parallelen mit Br. 316 an Daniella da Orvieto.